Galerie Dreikang  

Anwendung der Methode „Variabile“ von der Familienpsychologin Irina Baranova
Teilnehmer: Kinder des 28. Moskauer Internats für geistig Behinderte




Im Juli 2013 fand das Sommerkamp für Waisenkinder statt. Das Kamp fand im Rahmen eines Projektes des künstlerischen rehabilitativen Zentrums „Marias children“ statt.
Alle Teilnehmer des Lagers waren in vier so genannte Familien unterteilt: Die Elefanten, die Zebras, die Giraffen und die Löwen. Jede Familie hatte Zeit für gemeinsame Aktivitäten, außerdem nahmen die Kinder an „Meisterklassen“ teil. Ich und Christina waren das Oberhaupt der Löwenfamilie. Die Kinder waren aus dem 28. Internat für geistig Behinderte.
Die Diagnosen und Manifestationen der Behinderung variierten sehr stark: Die einen interessierten sich ausschließlich fürs Essen, andere spielten am liebsten nur mit den Türen, wieder andere wollten überhaupt mit niemandem sprechen. Es war sehr schwer zu verstehen, womit wir sie beschäftigen sollten,  so das  ihre Aufmerksamkeit blieb.
Vor Beginn des Kamps informierten mich Nina Geling und Ekkahart Bouchon  über die von ihnen entwickelte  Arttherapie „Variabili“ einschließlich des notwendigen Arbeitsmaterials.
Ich entschied mich dazu, unseren Kindern vorzuschlagen in der „Familienzeit“ die Methodik der Arttherapie kennen zu lernen.
Jedes der 6 Kinder bekam einen Partner, der helfen sollte, die gestellten Aufgaben zu verstehen, indem er  (es) sie ihnen einfach vormachte.
Und so machten wir uns an die Arbeit: Jedes Paar bekam ein Set graphischer quadratischer Elmente (schwarz-weiß und farbig). Die Kinder legten daraus ihre eigenen Bilder zusammen, drehten die Quadrate und versuchten in jeder neuen Variation etwas ganz eigenes persönliches zu erkennen. Danach bekamen sie die Möglichkeit, selbst kreativ zu werden. Die Quadrate wurden einfach umgedreht und die Teilnehmer machten sich daran, ihre ganz eigenen Puzzlestücke zu gestalten.
Die Aufgabe bestand darin, zunächst abstrakte geschwungene Linien auf die Quadrate zu malen, danach wurden die Quadrate an den nächsten Nachbar weitergegeben, der sich daran machte, diese nach seinen Vorstellungen auszumalen.
Die Aufgabe bestand nicht darin, die Quadrate vollständig auszumalen. Jeder malte so viel aus, wie er wollte und gab dann das Quadrat an den Nächsten weiter und so füllten sich die Quadrate Stück um Stück mit Farbe.
Nachdem jeder sein/ihr Quadrat erhalten hatte, konnte er es drehen und wenden und so immer wieder neue Formen  entdecken.
Als nächstes fügten wir alle Quadrate zusammen und machten daraus ein großes Bild .
Der nächste Schritt war  das Erstellen von Kompositionen aus 4 bis 5 abstrakten Holzfragmenten.
An diesem Punkt war unsere aktive Beteiligung nicht mehr notwendig. Wir wurden Zeugen, wie die Kinder eine unglaubliche Kombination nach der anderen ausdachten, die Teile unter einander tauschten oder zusammenlegten, wir kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus .
Das Kamp dauerte 7 Tage  und  bereits in dieser kurzen Zeit konnten wir sehr große Veränderungen feststellen.
Besonders erwähnen möchte an dieser Stelle den 15 jährigen Vlad.
Er war am Anfang sehr in sich gekehrt , sprach mit niemandem und freute sich überhaupt nicht und den man im Internat ausschließlich mit Sticken beschäftigte!
Bei der Arbeit mit den hölzernen Teilen gelangen ihm viele interessante Kombinationen und er wollte mit immer mehr Teilen arbeiten. Noch am selben Tag nach der Arbeit mit der Methodik begann Vlad damit, seine eigenen kreativen Objekte zu schaffen. Das waren riesige Schneeflocken (ein Meter mal ein Meter), eine Papierlampe (die Kopie des Originals), endlos lange Girlanden.  Wir wussten, dass Vlad ein stark authistisches Kind ist. Nach dieser Sitzung erlaubte sich Vlad , die Kreativität im Leben zu verkörpern. Seine eigene, häufig für andere unverständliche Wahrnehmung hatte zur sozialen Ausgrenzung unter anderen Kindern geführt. Die von ihm erschaffenen hölzernen Figuren gefielen allen und dadurch bekam er das Gefühl so sein zu dürfen, wie er ist. Im weiteren überschlugen sich die Ereignisse und Vlad, für den sich zuvor niemand interessierte, wurde zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Er nannte niemanden beim Namen, sondern gab den Personen seine eigene Bezeichnung- der eine war ein Spielzeug, der andere ein Doktor, ein anderer eine Brücke. Am meisten mochte Vlad den Helfer aus Beslana (Kaukasus). Ihn nannte er „den Wahren“ (den echten). Es dauerte nicht lange, und alle nannten ihn „den Echten“. Nun kamen auch Menschen aus den Familien, um zu fragen „Und wer bin ich?“ und natürlich war der Höhepunkt, als die Erzieher des Internats zu ihm mit dieser Frage kamen.

Das ist  die Macht der Variabilität – alles wurde auf den Kopf gestellt.

Was die anderen Kinder angeht, so arbeiteten diese emsig an eigenen Projekten. So entstand ein kurzes Theaterstück, Papierkompositionen und Werke aus vielerlei  Material, aber das wichtigste war, dass es viel leichter wurde, mit den Kindern zu kommunizieren.
Sie hörten aufmerksam zu und waren bereit, Dinge über sich Preis zu geben ohne die beschränkende Zensur der linken Gehirnhälfte.
Und die Kinder fassten den Glauben, das sie selbst Schöpfer seien können!



 

 
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